Neue Vorgaben des Lieferkettengesetzes – besteht Handlungsbedarf für Ihr Unternehmen?
Die Umsetzung der EU-Hinweisgeberrichtlinie gerät bei vielen Unternehmen in Vergessenheit. Da die Frist für die Umsetzung für einige Unternehmen bereits Mitte Dezember endet und sowohl das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (nachfolgend Lieferkettengesetz) als auch die EU-Verordnung zu Konfliktmineralien (2017 verabschiedet) ein Beschwerdeverfahren vorschreiben, sollten Sie nicht mehr zu lange mit der Umsetzung warten.
Das geforderte Beschwerdeverfahren im Lieferkettengesetz
Im Juni 2021 wurde das Lieferkettengesetz verabschiedet, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen im Zusammenhang mit Produktion und Handel entgegenzuwirken. Unternehmen werden damit zur Einhaltung der unternehmerischen Verantwortung verpflichtet. Die Umsetzung und Einhaltung des Lieferkettengesetzes gilt für alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland in Korrelation mit der Mitarbeiteranzahl. Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern müssen die Anforderungen bis 2023 umgesetzt haben. Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern bis 2024. Neben der Beachtung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten in der Lieferkette, ist im § 3 auch die Pflicht zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens verankert.
§ 8 legt die Regularien des Beschwerdeverfahrens dahingehend fest, dass das Unternehmen ein Beschwerdeverfahren einrichten muss, welches auch für mittelbare Zulieferer oder andere Personen zugänglich ist.
§ 10 schreibt dahingehend eine Dokumentations- und Berichtspflicht der ergriffenen Maßnahmen aufgrund von eingegangenen Beschwerden vor.
Ein fehlendes oder unzureichendes Beschwerdeverfahren gemäß dem Lieferkettengesetz kann von der BAFA mit einem Bußgeld von bis zu 800.000 € geahndet werden. Das geforderte Beschwerdeverfahren ist in der Verordnung (EU) 2017/821 des europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten verankert.
Artikel 4 e) der Verordnung schreibt in den Pflichten in Bezug auf das Managementsystem einen Beschwerdemechanismus als Frühwarnsystem zur Risikoerkennung vor:
„…führen einen Beschwerdemechanismus als Frühwarnsystem zur Risikoerkennung ein oder stellen einen solchen Mechanismus bereit, sei es mittels Kooperationsvereinbarungen mit anderen Wirtschaftsbeteiligten oder Organisationen oder indem die Inanspruchnahme eines externen Sachverständigen oder Gremiums wie beispielsweise eines Ombudsmanns erleichtert wird.“
Wie beim Lieferkettengesetz wird auch hier gefordert, dass der Beschwerdemechanismus „… es allen interessierten Parteien, einschließlich Informanten, ermöglicht, Bedenken hinsichtlich der Umstände des Mineralabbaus sowie des Handels und Umgangs mit diesen Mineralen in Konflikt- und Hochrisikogebieten und ihrer Ausfuhr aus Konflikt- und Hochrisikogebieten zu äußern.“
Warum das Lieferkettensorgfaltsgesetz und die EU-Verordnung zu Konfliktmineralien unweigerlich zur Umsetzung der EU-Hinweisgeberrichtlinie führen
Nach langer Diskussion ist die EU-Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937 – „EUWBR“) im Dezember 2019 in Kraft getreten. Entgegen der oftmals vertretenen Meinung wirkt die Richtlinie unmittelbar, d. h. ohne, dass diese in nationales Recht umgesetzt wird. Auch die EU-Richtlinie beinhaltet Sanktionen für Unternehmen, die durch Nicht-Einrichtung eines Hinweisgebersystems versuchen, die Meldung von Missständen zu verhindern. Die Vorgaben der EU-Hinweisgeberrichtlinie sind nahezu deckungsgleich mit den Vorgaben der oben ausgeführten Gesetze:
- Unternehmen sind verpflichtet, Meldekanäle einzurichten, die die Meldung möglicher Gesetzesverstöße durch Hinweisgeber ermöglichen. Hinweisgeber können alle Personen sein, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über mögliche Verstöße erlangt haben. Darunter fallen insbesondere Arbeitnehmer, Mitglieder von Leitungsorganen, Selbstständige oder auch Angehörige von Auftragnehmern, Subunternehmern oder Lieferanten.
- Die von den Unternehmen einzurichtenden Meldekanäle müssen so konzipiert, eingerichtet und betrieben werden, dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers und solcher Personen, die in der Meldung erwähnt werden, gewahrt bleibt. Es müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um unbefugten Personen den Zugriff auf diese Informationen zu verwehren.
- Die Meldungen im Hinweisgebersystem müssen durch eine unparteiische Person oder Abteilung im Unternehmen oder außerhalb des Unternehmens (z. B. externer Ombudsmann) bearbeitet werden, welche ebenfalls für die Entgegennahme der Meldung und für Folgemaßnahmen (z. B. Aufklärung) zu den Meldungen zuständig ist.
Fazit
Zur Erfüllung der Anforderungen an die oben genannten gesetzlich geforderten Beschwerdemechanismen gibt es verschiedene Möglichkeiten – von der kostenintensiven Software-Lösung für Konzerne bis hin zu einer maßgeschneiderten Umsetzung für Mittelstandsunternehmen mit angepasstem Budget. Die Vorteile für Ihr Unternehmen, sich jetzt mit der Umsetzung zu beschäftigen, lauten:
- Das Lieferkettengesetz fordert ein Beschwerdeverfahren, welches bei Nicht-Umsetzung bußgeldbehaftet ist.
- Die EU-Verordnung zu Konfliktmineralien fordert ein Beschwerdeverfahren.
- Die EU-Hinweisgeberrichtlinie ist bzgl. der Umsetzung an Fristen gebunden.
- Wenn Sie ein Lieferant von Großunternehmen sind, die unter die genannten rechtlichen Rahmenbedingungen fallen, werden Sie als Zulieferer unweigerlich einen Nachweis erbringen müssen, um nicht Ihren Status als Zulieferer zu verlieren.
Unterschätzen Sie nicht den zeitlichen Aufwand, den die Implementierung eines angemessenen und wirksamen Hinweisgebersystems bzw. Beschwerdemechanismus benötigt – wir beraten und betreuen Sie diesbezüglich gerne.
Weitere Informationen
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Der Text wurde geschrieben von Saskia Rotterdam