Marktforschung in B2B-Märkten – Oder die spannende Frage, was ein Drehgeber mit mechanischer Bewegung zu tun hat.
Bei der Erstellung von kundenindividuellen Marktanalysen in relativ intransparenten B2B-Märkten müssen sich Industriemarktforscher immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Vor einem jeden Projekt muss ein individuelles Projektdesign entworfen werden. Die Vorgehensweise gleicht dabei einem Puzzlespiel, bei dem viele kleine Segmente, in Form von Wissensbausteinen, zunächst generiert und dann zusammengesetzt werden müssen, um schlussendlich ein realistisches Bild zu erzeugen. Hierfür werden bereits existierende Informationen gezielt mit neuen Informationen ergänzt. Dieses Vorgehen ist als wiederholender Prozess zu verstehen, bei dem eine Vielzahl an unterschiedlichen Daten so lange miteinander verglichen wird, bis sich ein schlüssiger Zusammenhang ergibt.
Um einen kleinen Einblick in diese spannende und auch abwechslungsreiche Arbeit zu geben, zeigt der vorliegende Artikel exemplarisch interessante Fakten zum Thema der Drehgeber. DTO erstellte vor etwa zwei Jahren zu diesem Thema eine Eigenstudie. Fokus und Untersuchungsgegenstand der Marktanalyse war der industrielle Anwendungsbereich von Drehgebern. Andere Anwendungsbereiche von B2C-Gütern blieben bewusst außen vor. Die durchgeführte Marktanalyse versinnbildlicht die tägliche Arbeit in intransparenten Märkten und ist gleichzeitig ein Paradebeispiel, wenn es um eine ganz zielgerichtete Segmentierung bzw. der Klassifizierung von Teilbereichen bei Marktanalysen geht.
Der Drehgeber
Der Drehgeber ist ein Sensor, der die aktuelle Position einer mechanischen Bewegung (Winkellage- und Drehzahlerfassung) erfasst und sie in ein elektrisches Signal umwandelt. Das Signal sendet er an ein Auswertegerät. Der Drehgeber wird also überall dort eingesetzt, wo es darum geht, dass eine genaue Position einer Bewegung bekannt sein soll. Die Hauptanwendung für Drehgeber kann in zwei Kategorien unterteilt werden: Antriebstechnik und Messtechnik. Die Antriebstechnologie macht mit einem Marktanteil von etwa 80 Prozent den größten Teil des Marktes aus.
Man unterscheidet Drehgeber in sogenannte Inkrementaldrehgeber und absolute Drehgeber. Absolute Drehgeber zeigen die tatsächliche Position direkt an. Ein Hauptvorteil besteht darin, dass sich der Sensor vor einem möglichen Stromausfall seine Position merkt. Absolute Drehgeber können sowohl für eine Positions- als auch für die Geschwindigkeitserfassung verwendet werden. Inkrementaldrehgeber erzeugen hingegen den Impuls schrittweise, wodurch immer nur die Veränderung gemessen werden kann, die aktuelle Position wird nicht direkt vermittelt. Sie sind einfacher aufgebaut und somit auch kostengünstiger. Die Vielfalt der Einsatzgebiete von Drehgebern scheint somit nahezu unbegrenzt. Vom Haushaltsgerät bis hin zu tonnenschweren Schaufelbaggern.
Marktvolumen und Marktcharakteristik
In Deutschland lag das Marktvolumen für Drehgeber im industriellen Einsatzbereich 2018 bei rund 160 Millionen Euro. Zu den Marktführern zählen Heidenhain, Sick Stegmann, Baumer, Kübler, Pepperl & Fuchs sowie Hengstler. Insgesamt gibt es in Deutschland jedoch mehr als 20 Unternehmen, die nennenswerte Umsätze mit Drehgebern verzeichnen. Betrachtet man die verschiedenen Absatzmärkte, entfällt der größte Anteil auf Produktionsanlagen (30 Prozent). Absolute Drehgeber mit Magnettechnologie werden üblicherweise im Maschinen- und Anlagenbau gewählt. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Gewährleistung sicherer Prozesse und bieten die erforderliche hohe Genauigkeit.
Für Inkrementaldrehgeber und absolute Drehgeber ist das Materialhandling der zweitwichtigste Industriezweig. Drehgeber die in Anlagen für den Waren- und Materialumschlag geliefert werden, machen etwa 20 Prozent des Marktes aus. Zulieferer wie die SICK AG sind sogar darauf spezialisiert, kundenspezifische Lösungen nur für die Logistikbranche anzubieten. In der Transportbranche (19 Prozent), ist der Aufzugsmarkt ein sehr wichtiges Segment. Pro Jahr werden in Deutschland etwa 15.000 bis 20.000 Aufzugseinheiten gebaut. Zulieferer wie Kübler entwickeln gemeinsam mit Herstellern von Aufzugssteuerungssystemen speziell angepasste Drehgeber.
Im Schwermaschinenbau und in Sicherheitsbereichen (15 Prozent) ist eine sogenannte SIL-Zertifizierung üblich (Einstufung eines Sicherheits-Integritätslevel in den Stufen 1-3). Viele Hersteller investieren in die Zertifizierung eines SIL 3-Drehgebers, was der höchsten SIL-Akkreditierung für Drehgeber entspricht. Der Entwicklungs- und Zertifizierungsprozess ist allerdings teuer und einige Kunden möchten keine zusätzlichen Kosten für eine derartige Zertifizierung ausgeben. Alternative Verfahren umfassen die Verwendung von zwei Drehgebern, vorzugsweise von zwei verschiedenen Herstellern. Auch der Bereich der erneuerbaren Energien zählt mit rund 9 Prozent zu den industriellen Hauptabsatzbranchen für Drehgeber, so entfallen beispielsweise auf jede Windkraftturbine vier bis fünf Drehgeber.
Verkäufe an OEM-Unternehmen spielen eine sehr wichtige Rolle, da sie den Hauptanteil des Verkaufsmarktes ausmachen. Je mehr technische und Anpassungsmerkmale ein Kunde benötigt, desto komplexer wird der Verkaufsprozess. Dieser Verkaufsprozess wird üblicherweise von einer umfangreichen Beratung begleitet.
Der Trend
Hochauflösende Inkrementaldrehgeber werden häufig in der Antriebstechnik verwendet, da die Leistung dieser Drehgeber nur geringfügig durch äußere Bedingungen beeinflusst werden kann. Sie halten hohen Betriebstemperaturen, hohen Vibrations- und Stoßbelastungen sowie hohen Geschwindigkeiten stand. Obwohl der Absatzmarkt Messtechnik, im Vergleich zur Antriebstechnik, den kleineren Anteil ausmacht, wird aufgrund der steigenden Automatisierung ein Wachstum des Absatzmarktes für Messtechnik erwartet. Mit einer kontinuierlichen Zunahme automatisierter Prozesse und Systeme, insbesondere in der deutschen Produktionsindustrie, wird der steigende Einbezug von Messtechnik zu einer Notwendigkeit.
Aufgrund dessen, dass absolute Drehgeber die Fähigkeit besitzen präzise Positionen zu bestimmen, werden diese häufig in messtechnischen Anwendungen eingesetzt. Mit einem Wachstum des Marktes für Messtechnik ist folglich auch ein Wachstum der absoluten Drehgeber zu erwarten.
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