Die Krise als Beschleuniger: Home-Office hat endgültig die Trendnische verlassen
Die Corona-Krise traf die Unternehmen unerwartet. Nach einem halben Jahr zeigt sich, dass digitale Konzepte immer wichtiger werden. Die Transformation wird auch in konservativ ausgerichteten Unternehmen vorangetrieben. In den Bereichen Bildung und öffentliche Verwaltung sind erste Learnings da, Home-Office ist wohl endgültig der Trendnische entwachsen. Eine Zwischenbilanz.
Noch vor einigen Jahren ist das Thema Home-Office allein hippen Agenturen und IT-Unternehmen im Silikon Valley vorbehalten gewesen. Ein elitärer Zirkel aus Vordenkern, die einen Kulturwandel angestoßen haben, und sich durch prosperierenden Absatz von hochtechnisierten Produkten diesen Wandel auch leisten konnten – so zumindest der Eindruck. Doch innerhalb der letzten Jahre ist der Druck vor allem auf Arbeitnehmerseite immer größer geworden, speziell in Branchen wie der öffentlichen Verwaltung oder auch in Branchen mit hohen Präsenzzeiten in Großraumbüros. Der starre Präsentismus im Büro scheint nicht mehr in die Lebenswelt der Generation Y und der Millennials zu passen. Flexibilität, Auslandsreisen, weltweite Vernetzung – warum nicht auch mehr, vorerst räumliche, Flexibilität im Arbeitsleben.
Heimarbeit macht glücklich und produktiv
Das langwährende Vorurteil, dass Home-Office vor allem aus Arbeitgebersicht eine Art Schlaraffenland des unbeaufsichtigten Nichttuns sei, bestätigt sich nicht. Vor allem dann, wenn verschiedene Regeln befolgt werden. Das Wichtigste dabei: Strukturen schaffen. Wissenschaftler der US-amerikanischen Stanford-Universität haben in einer zweijährigen Studie untersucht, was das Arbeiten im Home-Office bewirkt. Um die nötigen Daten dafür ermitteln zu können, arbeiteten die Wissenschaftler mit einer chinesischen Reiseagentur zusammen. Deren CEO zeigte sich offen für das Experiment, da der Arbeitsplatz der insgesamt 16.000 Mitarbeiter im Hauptfirmensitz zu eng wurde.
An der Studie nahmen 500 Mitarbeiter teil. Die eine Hälfte der Mitarbeiter arbeitete im Büro, die andere von zu Hause aus. Das Ergebnis: Während die Mitarbeiter im Home-Office ihre volle Arbeitszeit abarbeiteten oder sogar noch mehr leisteten, kamen die Büroarbeiter eher zu spät, verließen früher den Arbeitsplatz oder waren von der Atmosphäre und den Kollegen abgelenkt. Die Testgruppe im Home-Office bewertete hingegen positiv, weniger abgelenkt zu werden, machte kürzere Pausen und meldete sich weniger krank. Die Produktivität stieg um 13 Prozent, in neun Prozent der Fälle bei Mitarbeitern, die länger als nötig arbeiteten. Insgesamt zeigten die Heimarbeiter eine deutlich höhere Zufriedenheit und ihre Fluktuationsrate sank um 50 Prozent.
Die kompletten Studienergebnisse sind im renommierten The Quarterly Journey Of Economics zusammengefasst.
Home-Office – das „New Normal”
Der Spiegel trägt dieser Entwicklung Sorge, indem er das Konzept Home-Office schon als „New Normal“ bezeichnet. Großunternehmen ändern ihre Haltung, weil die Erfahrungen aus der Krise gezeigt haben, dass Mitarbeiter produktiver und zufriedener im Home-Office sind. Dies zeigt sich vor allem, wenn Stressoren wie tägliches Pendeln, die sich negativ auf das Befinden des Mitarbeiters auswirken können, wegfallen.
Auf dem Weg zur Arbeit 4.0
Home-Office ist ein Teil der Bewegung „Arbeit 4.0“. Um den Wandel voranzutreiben, ist es wichtig die technische Kompetenz der Mitarbeiter zu erhöhen. Folgende Maßnahmen wurden in dem Fachbuch „Die Digitalisierung der Wissensarbeit – Unternehmen im Spagat zwischen Innovation und Kontrolle“ postuliert.
Während die oben genannten Maßnahmen eher den Wissensstand allgemein erhöhen sollen, gibt es einige Stellschrauben, die von Unternehmensseite beim Thema Home-Office beachtet werden sollten:
- Die Unternehmen sollten Klarheit schaffen: Wann ist Home-Office möglich? Für wen ist Home-Office möglich?
- Kommunikative Regeln: In welchen Fällen sollen E-Mails verschickt werden, wann soll telefoniert werden?
- Bestätigung und Wahrnehmung: Feste Absprachen, feste Termine, Gruppenchats
Bei allen positiven Faktoren, die Home-Office ermöglichen kann, ist dennoch nicht der Wille des Mitarbeiters zu ignorieren. Konstante Präsenz im Büro kann auch zu einer Empfindung der Routine führen, die sich positiv anfühlt. Gerade dann, wenn der Weg zur Arbeit nicht weit ist. Auch ist es wichtig, wie der Mitarbeiter sein Home-Office zu Hause einrichten kann, also die nötigen Kapazitäten hat (Platz, wenig Ablenkung etc…), um produktiv von zu Hause aus arbeiten zu können. Unterm Strich ist Arbeiten von zu Hause aus in jedem Fall ein Thema, über das sich Unternehmen Gedanken machen sollten. Bei der Konzeptionierung und Umsetzung sind allerdings die individuellen Gegebenheiten zu beachten.
Sie wollen die Themen digitale Konzepte und Home-Office in Ihrem Unternehmen vertiefen und umsetzen? Gerne erheben wir ein Meinungsbild mit Ihren Mitarbeitern, um zusammen das passendste Konzept zu entwerfen. Auch unterstützen wir Sie bei der Suche nach Digitalpartnern und Inkubatoren oder klären Sie über aktuelle Mobilitätskonzepte der Arbeit auf. DTO Research – der Partner an Ihrer Seite.
Der Text wurde geschrieben von Kai Wichelmann.