Innovationsmanagement in der Reinigungsbranche
Wieso viele Innovationen scheitern
Die Reinigungsbranche zählt in Deutschland zu den eher konservativen Branchen und ist durch einen starken Preisdruck gekennzeichnet, der z.B. durch öffentliche Ausschreibungen verstärkt wird. Unter Reinigungskräften gibt es einen erheblichen Anteil an gering qualifiziertem Personal und hohe Fluktuation. Die Vergleichbarkeit der Leistungen insbesondere in der klassischen Unterhaltsreinigung ist groß und die Marktsättigung hoch, was zu einem erheblichen Differenzierungsdruck führt. Allerdings sind die Möglichkeiten zum Aufbau neuer Geschäftsmodelle gerade bei Gebäudedienstleistern limitiert. Ein häufiges Einbinden von Subunternehmen macht auch die Qualitätskontrolle nicht immer einfach. Während sich aktuell gerade größere Unternehmen vermehrt mit digitalen Lösungen beschäftigen, haben kleinere und mittlere Dienstleister hier oft noch Vorbehalte und Implementierungsdefizite. In diesem Marktumfeld ist es nicht leicht, neue und innovative Produkte zu entwickeln und zu implementieren. Doch der Verdrängungswettbewerb unter den Herstellern macht es notwendig, sich durch Produktverbesserungen und Produktneuentwicklungen zu differenzieren. Dies ist durch die konservative Grundhaltung der Beschaffer und Nutzer aber nicht immer ganz einfach.
Die Erfahrung mit bestimmten Reinigungsprodukten und Reinigungsmaschinen durch die Beschaffungsentscheider und Reinigungskräfte ist immer noch ein entscheidender Faktor bei der Neubeschaffung. Der Markt ist stark geprägt von etablierten Produkten bzw. Marken und ist in vielen Bereichen durch eher hohe Eintrittsbarrieren gekennzeichnet. Auf Herstellerseite ist der Innovationsdruck jedoch hoch, um einerseits dem stetig steigenden Kostendruck zu begegnen und andererseits das eigene Portfolio zu differenzieren. Betrachtet man die Neuentwicklungen und Innovationen in der Vergangenheit, wird man schnell feststellen, dass hier viele Produkte und Services gescheitert sind. Dies hat im Wesentlichen zwei Gründe:
- Die fehlende Akzeptanz durch die Reinigungskräfte z.B. durch zu hohe Produktkomplexität oder unkomfortable Handhabung
- Der nicht sichtbare Mehrwert hinsichtlich Zeit- und Personalreduktion im Vergleich zu Schulungs- und Anschaffungskosten
Viele Innovationsbemühungen der Hersteller sind nicht selten marginale Verbesserungen der Konkurrenzprodukte und keine bahnbrechenden Neuerungen. Diese erfinden die Reinigung nicht neu und machen diese auch nicht signifikant besser. Dies deutet auf Defizite im Innovations- und Entwicklungsprozess hin. Nicht selten findet hier keine oder nur eine sehr geringe Einbindung der Gebäudedienstleister oder Inhouse-Reiniger statt. Folglich geht die Funktionsweise oder "Problemlösung" oft an den Bedürfnissen der Zielgruppen vorbei.
Viele Hersteller haben auch keine ausgereifte Innovationsstrategie, welche die Entwicklungen und Gegebenheiten im Markt ausreichend berücksichtigt. Dies liegt auch daran, dass die Notwendigkeit für die Erfassung systematischer Marktinformationen in der Branche oft kaum eine Rolle spielte. Während Marktanalysen im ConsumerSegment zum Standard gehören, sind diese im Professional-Segment für viele Hersteller Neuland. Dabei können Unternehmen hier über hausinterne Quellen selbst ansetzen. Zum Beispiel haben Key-Accounter und Servicetechniker permanenten Kontakt mit Beschaffungsentscheidern und Nutzern. Viele Hersteller verfügen aber über kein zentrales Wissensmanagement, wo Daten und Informationen systematisch zusammenfließen und für Marketing und Produktentwicklung aufbereitet zugänglich sind. Dabei ist dies auch für mittelständische Unternehmen relativ leicht umsetzbar. Viele Experten sind sich darüber einig, dass sich die Branche in den nächsten Jahren fundamental verändern wird. Digitalisierung, IOT, VR & AR oder Robotik werden die Reinigungsprozesse und Gewerke neugestalten. Allerdings sind auch hier die Erfolgskriterien für Innovationen in der Reinigungsbranche zu beachten. Technisch ist heute schon vieles möglich. Jedoch sollte der reale Nutzen bei Neuentwicklungen im Fokus stehen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Produkte und Services am erfolgreichsten waren, welche fundamentale Probleme in der täglichen Reinigung gelöst haben. Deshalb sollte man sich den Reinigungsprozess einmal genau anschauen, hinsichtlich Schwachstellen analysieren und bei Optimierungsansätzen die gängigsten Fragestellungen und Aufgaben aufgreifen.
Es bietet sich an, bei Produktideen so früh wie möglich Nutzer und Marktexperten in den Prozess mit einzubinden. Viele Gebäudedienstleister und Inhouse-Reinigungskräfte geben gerne Input zu Neuerungen, da sie von sinnvollen Produkten und Services selbst profitieren. Auch kennen sich diese meist erstaunlich gut mit Technik und Handhabung aus. Hersteller minimieren so das Risiko, Produkte und Services am Markt vorbei zu entwickeln. Wird ein systematisches Nutzerfeedback erst in der Prototypenphase eingeholt, ist es für grundlegende Änderungen oft zu spät. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass das Risiko eines Fehlschlags bei Innovationen nie zu 100 Prozent ausgeschlossen werden kann. Jedoch kann durch einen systematisch und sorgfältig geplanten Innovationsprozess das Risiko deutlich minimiert werden. Das Rad muss auch nicht zwangsläufig neu erfunden werden. Für Hersteller kann auch eine systematische "Me-Too" Strategie sehr erfolgreich sein. Nur werden diese Hersteller von Kunden oft nicht als sehr innovativ wahrgenommen. Auch wird hierdurch nicht die immer stärker werdende Preisspirale umgekehrt oder gebremst.